Großes Wiesbachhorn, blinde Pferde und ein 121 Meter hoher Gipfel. Bei der Geschichte unserer Berge geht es auch um – Überraschung! – das Meer.

Christoph Heigl
Christoph Heigl

Berg, der
Definition laut Wikipedia: Ein Berg ist eine Geländeform, die sich über die Umgebung erhebt. Er ist meist höher und steiler als ein Hügel. Ein Berg sollte sich durch eine gewisse Eigenständigkeit auszeichnen, also genügend Abstand von anderen Bergen. Die Benennung als „eigenständiger Berg“ ist subjektiv und nicht scharf von der Bezeichnung Gipfel abgegrenzt. Klar ist einzig, dass es mehr Gipfel als Berge gibt. 

Zahlenspiele
Wie viele Dreitausender hat Österreich? Je nachdem, wie man einen eigenständigen Gipfel definiert. Der österreichische Alpenverein listet 695 Dreitausender auf, die Bundesforste 946, Willy Kreuzer (siehe unten) kennt 979.

Superkletterer
Der Niederösterreicher Willy Kreuzer hat als erster Mensch sämtliche namentlich bekannten Dreitausender Österreichs bestiegen. Am 29. September 2014 schaffte er mit dem Tribbachmannl (3145 m) den letzten. Für seine 979 Dreitausender-Gipfel brauchte er von 1957 (damals war er neun Jahre alt!) bis 2014.

Highlights
Die höchsten Berge Österreichs? Großglockner (3798 m)? Klar! Aber dahinter? In den Top-10 finden sich Wildspitze (3768 m), Weißkugel (3739 m), Glocknerwand (3721 m), Großvenediger (3662 m), Hinterer Brochkogel (3624 m), Hintere Schwärze (3624 m),­ Similaun (3599 m), Vorderer Brochkogel (3565 m) und das Große Wiesbachhorn (3564 m).

Materialfrage
Berge entstehen durch die Verschiebung von Erdplatten. Aber woraus besteht ein Berg? Aus Kalkstein (Ablagerungen von Muscheln, Korallen und anderen Organismen am einstigen Meeresboden), aus Sandstein (mit dem Mineral Quarz), aus Dolomit (Kalk und Magnesium, Ursprung im warmen Wasser tropischer Meere), aus Vulkanit (Gestein aus dem Erdinneren) und aus Marmor.

Hochgenuss
Österreichs höchstgelegene Hütte ist die Erzherzog-Johann-Hütte (3454 m) am Großglockner, sie liegt 344 Höhenmeter unter dem Gipfel und wurde bereits 1880 eröffnet. Danach folgen das „Cafè 3440“ in der Wildspitzbahn-Bergstation (3440 m) am Pitztaler Gletscher, das Brandenburger Haus (3277 m) in den Ötztaler Alpen und die Hochstubaihütte (3173 m) auf der Wildkarspitze.

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Dunkelziffer
In Österreichs Bergen gibt es auch unzählige Höhlen, mehr als 11.000, wird geschätzt. Die längsten Höhlensysteme sind die Hirlatzhöhle im Dachstein (85,3 km), die Raucherkarhöhle im Toten Gebirge (76,2 km) und die Dachstein-Höhlen (50,1 km). Die tiefste Höhle Österreichs ist die Lamprechtshöhle in den Leoganger Steinbergen, sie ist bis zu einer Tiefe von 1630 Metern erforscht und mit 56 km Gesamtausdehnung eine der längsten Durchgangshöhlen der Welt.

Höhlen-History
In Hinterbühl (NÖ) ist in der Seegrotte der größte unterirdische See Europas (6200 qm). Das ehemalige Gipsbergwerk, auch Flugzeugproduktionsstätte und Nebenlager des KZ Mauthausen, hatte einen eigenen Pferdestall unter Tage. Die Pferde haben die schweren Gips-Wagen ans Tageslicht gebracht. Sie waren bis zu 20 Jahre im Berg und wurden dadurch blind.

Kilometersammler
In Österreich gibt es Tausende Wege. Allein Tirol z. B. hat 24.000 Kilometer Wanderwege. Das ist umgerechnet die Autostrecke von Wien ins japanische Tokio und wieder retour. Österreichweit laufen Klassiker wie der Nordalpenweg 01 (1000 km von Rust nach Bregenz), der Zentralalpenweg 02 (1200 km von Hainburg nach Feldkirch), der Südalpenweg 03 (660 km von Bad Radkersburg nach Bozen), der Voralpenweg 04 (870 km von Wien-Kahlenberg bis Bregenz) und weitere beliebte Routen, die bestens kartografiert sind. Im Internet gibt es GPS-Tracks als Download.
    
Unter Wasser
Alle Berge Österreichs lagen einst unter dem Meeresspiegel. Keine Schande, denn selbst der höchste Berg der Erde, der Mount Everest (8848 m), war vor 450 Mio. Jahren noch unter Wasser. Das beweisen Fossilien, die 1924 im Everest-Fels entdeckt wurden. Apropos Everest: Nimmt man den Erdmittelpunkt als Bezugspunkt (die Erde ist ja keine Kugel, sondern ein Rotationsellipsoid), ist der Chimborazo in Ecuador mit 6267 Metern Höhe (ü. d. M.) bzw. 6384,55 km über dem Erdmittelpunkt der höchste Berg. Der Everest (6382,41 km) ist nach dieser Messmethode knapp 2 km niedriger.

Weiße Pracht
Die höchste je gemessene Schneehöhe auf Österreichs Bergen sind 11,9 Meter (1944 am Sonnblick in Salzburg). Auf der Villacher Alpe hatte es 1952 7,30 Meter. Wien? Am 18. Februar 1988 wurden 75 Zentimeter Schnee als Rekordwert gemessen. Während eines durchschnittlichen Winters schneit es rund um Kitzbühel am Berg etwa 8 Meter, im Tal circa 2,5. Auch ein Rekord: Am 31. Jänner 1986 hat es in Sillian innerhalb von 24 Stunden 190 Zentimeter geschneit.

Tiefergelegt
Leidenschaftlich diskutiert werden auch die niedrigsten „Gipfel“ Österreichs. Genannt werden der Schüttenberg (282 m) östlich von Wien, der Hölzl­stein (157 m) und eine Erhebung im burgenländischen Seewinkel namens Burg (121 m) – Letztere ist nur ganze sechs Meter über dem Neusiedlersee.