Musik und Skifahren. Das gehört zusammen wie das Wachs auf die Bretter. Dabei bieten die Skiberge mittlerweile weitaus mehr als allgemeine Schunkelseligkeit in den Skihütten oder an der Schirmbar.
Von Wolfgang Kuhn
Kaum zu glauben, wie beschaulich das Phänomen Après-Ski begonnen hat, damals im 19. Jahrhundert, als einige wohlsituierte Lebemänner- und -frauen ins winterliche Chamonix fuhren. Bei einem Gläschen Rotwein und sanfter Klaviermusik ließ man im Schein des Kaminfeuers den Tag Revue passieren und nutzte die Gunst der „Tea Time", um die Damen etwas aufzuwärmen.
Zumindest, was Letzteres betrifft, hat sich über die Jahrzehnte nichts geändert. Heute schwitzt das Partyvolk an der Hüttenbar, stampft im Takt der Discobeats mit den Skischuhen und schmachtet die Angebetete bei „Hulapalu" an. Hodiodiodiodiiee geht schließlich immer, auch nach drei schwarzen Abfahrten und einigen Feigerl-Wodkas ...
ROCK & POP STATT PARTYKRACHER
Wer der Erfolgskombi Musik & Ski auf den Grund gehen will, kommt am berühmten „Mooserwirt" in St. Anton nicht vorbei. Seit 2001 werden in der „wahrscheinlich schlechtesten Skihütte am Arlberg" die aktuellsten Winterhits vorgestellt. Die selbstironische Eigenbezeichnung täuscht, das Publikumsinteresse spricht für sich. Was dabei akustisch auffällt: Der DJ beschallt das Partyvolk mit einem Mix aus Rock und Pop, der dem sportlich-internationalen Publikum am Arlberg entspricht und sich teils deutlich von den Ski-Schlagern in anderen Hütten abhebt. Eine Stroboskopanlage beleuchtet die Tanzfläche, kleine, verwinkelte Sitzecken laden dazu ein, dem Flirt von der Tanzfläche näher auf die Gore-Tex-Pelle zu rücken.
Den „Anton aus Tirol" hört man dabei immer seltener: „Es gibt keinen klassischen Après-Ski-Hit", sagt Eugen Scalet, Besitzer, Betreiber und geistiger (Quer-)Kopf des inzwischen auf 90 Mitarbeiter angewachsenen Hüttenzauberkomplexes inklusive Luxushotel. „Wir entwickeln und verändern ihn laufend. Das Après-Ski von 2016 hat mit dem von 2006 nichts mehr zu tun. Und auch das Après-Ski von 2026 wird anders sein." Natürlich: Wer den Ballermann in den Alpen sucht, wird nicht unbedingt beim Mooserwirt, aber nach wie vor bei den unzähligen Schirmbars und Skihütten fündig.
MEGA EVENTS ZUM ANHEIZEN
Gleichzeitig fällt auf, welcher Aufwand mittlerweile für die musikalische Untermalung des Skiurlaubs betrieben wird – und wie hochwertig beispielsweise die Programme sind, die vor allem bei den Skiopenings in den verschiedenen Regionen geboten werden. „Der ursprüngliche Gedanke hinter diesen Großevents war es, mit einem internationalen Topstar zu Beginn der Saison die Botschaft zu vermitteln: ,Seht her – wir haben Schnee'", erklärt Georg Bliem, Geschäftsführer der Schladminger Planai, wo beim Snowbreak am 2. Dezember Deichkind und Alligatoah die Saison einläuteten – bei einem Event, „für das wir bereits im März mit der Arbeit begonnen haben".
Ganz vorn dabei im Bereich der Snow-Open-Airs ist auch Obertauern. Dort gibt sich beim Opening am 3. Dezember die Elektro-Pop-Band „Glasperlenspiel" die Ehre – deren Musik von den Après-Ski-Klassikern wie Mickie Krause und Co. so weit entfernt ist wie Katar vom ersten Abfahrtsgold. Und auch das Line-up des BERGFESTivals in Saalbach Hinterglemm vom 2. bis 4. Dezember erinnert mit Acts wie Alligatoah, Wolfmother, In Extremo, La Brass Banda, Skindred und Zebrahead ebenfalls eher an Events wie das Nova Rock, genauso wie am ersten Dezember-Wochenende in St. Anton und Lech-Zürs, wo Rea Garvey und Gregor Meyle den ersten Schnee zum Brodeln bringen.
Mittlerweile haben selbst internationale Großveranstalter die Alpen für sich entdeckt: So hat beispielsweise das legendäre „Wacken"-Festival mit „Full Metal Mountain" einen Ableger am Kärntner Nassfeld etabliert – der diesen Winter vom 27. März bis 2. April stattfindet.
Trotzdem: Am Partyhit an der Schirmbar wird auch in diesem Winter keiner vorbeikommen.
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