War früher für Läufer, Biker und Co. meist nur das Langlaufen ein adäquater Wintertrainingsersatz, so dient nun vermehrt das Skitourengehen zum Auspowern und Fitnesstanken. Der Haken dabei: In keinem anderen Sport liegen höchster Genuss und höchste Gefahr so eng beieinander! Gewissenhafte Vorbereitung, gute Grundkenntnisse und eine passende Ausrüstung sind daher (lebens)notwendig ...
Skitourengehen: 8 Tipps zu Planung, Aufstieg und Abfahrt / Bild: TVB Osttirol
1. WISSEN ANEIGNEN
Rein in die Laufschuhe, rauf aufs Radl und los geht's – nein, so spielt es eben beim Skitourengehen nicht! Bei diesem Sport gilt der abgeänderte Spruch „Wissen ist – Sicherheit". Das Aneignen von Wissen ist wiederum zweiteilig zu sehen. Teil 1 sollte schon lange vor der ersten Tour passieren: Kluge und verantwortungsvolle Skitourengeher gehen zuerst – in die Schule, sprich in ein „Tourencamp", in einen Ausbildungskurs, wie sie vielerorts angeboten und wo ihnen alle Grundkenntnisse vermittelt werden, die größtmögliche Sicherheit garantieren.
Der zweite Teil des Schrittes „Wissens-Aneignung" findet dann einen oder zwei Tage vor einer geplanten Tour statt und gemeint ist damit das Einholen wichtiger Informationen: Welches Wetter ist für den Tag der Tour angekündigt? Welche Schneelage ist zu erwarten? Welche Lawinenwarnstufe resultiert daraus? In Zeiten des Internets sind diese Daten rasch und aktuell recherchiert und bilden das entscheidende Basiswissen, auf das die nächsten Schritte folgen können.
Skitourengehen: 8 Tipps zu Planung, Aufstieg und Abfahrt / Bild: Naturfreunde Österreich / Hermann Erber
2. DIE RICHTIGEN PARTNER WÄHLEN
Die Grundregel lautet: Ein Winterberg ist kein „Spielplatz" für Solisten – man sollte nie allein auf Skitour gehen! Regel Nr. 2: Geh nur mit Partnern auf Tour, bei denen du dir über ihre sportlichen, aber auch menschlichen Qualitäten im Klaren bist. Denn das sind Faktoren, die schlagend werden, wenn man in der Gruppe aufeinander angewiesen ist oder im Ernstfall sogar Menschenleben davon abhängen.
Wer Neueinsteiger ist oder noch wenig Erfahrung hat, schließt sich logischerweise routinierten Berggehern an, auf die man sich voll und ganz verlassen und von denen man lernen kann. Wenn solche geeigneten Partner im privaten Umfeld fehlen oder wenn man vernünftigerweise überhaupt auf professionelle Begleitung vertrauen will, dann ist das Buchen eines Skitourenguides die beste und sicherste Wahl.
Skitourengehen: 8 Tipps zu Planung, Aufstieg und Abfahrt / Bild: Marmot / Christian Weiermann
3. DIE PASSENDE TOUR PLANEN
Die Auswahl an Tausenden Skitouren, die es in Österreichs Bergen gibt, wird letztlich auf die für den ausgewählten Tag einzige passende Tour selektiert. Klingt kompliziert, ist es aber nicht, wenn die folgenden Kriterien in die Auswahl einfließen:
- das skifahrerische Können und vor allem die körperliche Fitness – und zwar immer gemessen am vermeintlich schwächsten Glied der Gruppe;
- die zuvor ermittelten Daten über die zu erwartende Wetterlage, Lawinengefahr etc.;
- die persönlichen Wünsche und Vorstellungen der Teilnehmer;
- der saisonale Zeitpunkt: Niemand wird gleich zum Saisonbeginn die Mega-Tour gehen, sondern sich an Gerät und Bewegung gewöhnen.
Nach diesen Parametern muss dann der Zeitplan erstellt werden: Die Anmarsch-, Aufstiegs- und auch die Abfahrtszeit plus Rückmarsch zum Ausgangspunkt müssen berechnet und zusammengezählt werden, um eine genaue Vorstellung für die Länge der Tour und die benötigte Gesamtzeit zu bekommen. Nur so ist gewährleistet, dass nicht einfallende Dunkelheit oder Erschöpfung der Teilnehmer für unnötige Belastung und Gefahr sorgen. Ein wichtiger Fakt: Ist die Tour ausgewählt, werden die Daheimbleibenden über Ausgangspunkt und Route der Tour sowie über den geplanten Zeitpunkt der Rückkehr informiert.
Skitourengehen: 8 Tipps zu Planung, Aufstieg und Abfahrt / Bild: Naturfreunde Österreich / Leitgeb
4. GUT GERÜSTET SEIN
Auch dem Thema Ausrüstung kommt beim Skitourengehen viel mehr Bedeutung zu als bei den meisten anderen Ausdauersportarten.
- Das beginnt mit dem passenden Ski – ein Thema, das Skiführer Gerald Sagmeister von der Alpinschule "high life" in unserem Video Blog - Folge 3 ausführlich abhandelt.
- Der richtige „Dresscode" wiederum fängt unten beim Skischuh an, denn der ist beim Tourengehen die Schnittstelle zwischen Lust und Frust. Wohl jeder kann sich vorstellen, wie sehr auf einer stundenlangen Tour ein schlecht sitzender oder gar reibender Schuh schmerzt und nervt.
- Wer an den schweißtreibenden Aufstieg denkt, an die „kalte" Pause am Gipfel, und dann noch die gewünschte Bewegungsfreiheit bei der Abfahrt einbezieht, der weiß auch, welch hohe Anforderungen an die Bekleidung gestellt werden. Daher wird auch verständlich, warum nur moderne, funktionelle Skitourenmode infrage komme (mehr dazu liest du hier).
- Der Punkt aber, der eine Tourenausrüstung so gewaltig von anderen Sportarten unterscheidet, ist das Thema Sicherheit: Vom LVS-Gerät über Schaufel, Sonde bis zum Airbag und dem richtigen Rucksack reicht hier das Sicherheitspaket.
Ein Tipp noch: Dass alle Ausrüstungsteile – von der Bindung bis zum LVS-Gerät, vom Stock bis zum Fell – auch hundertprozentig funktionieren, ist nicht erst eine Stunde vor Abmarsch, sondern schon Tage vor der Tour zu prüfen. Denn dann hat man noch die Chance zum Reparieren ...
Skitourengehen: 8 Tipps zu Planung, Aufstieg und Abfahrt / Bild: Mammut
5. READY TO GO
Während die Schritte 1 bis 4 ausschließlich schon im Vorfeld der Tour zu setzen sind, sind wir nun am Startpunkt angelangt. Und beim letzten Check der folgenden Punkte:
- Kontrolle, ob die aktuelle Wetterlage den Erwartungen entspricht.
- Wählen eines Gruppenführers, der in der Lage ist, das Gelände einzuschätzen, eine gute Spur zu legen.
- Einschalten der LVS-Geräte bei allen Beteiligten und Funktionscheck: Der als Führer bestimmte Teilnehmer schaltet sein Gerät auf „Senden!", die Übrigen schalten nacheinander in den Suchmodus, um das Testsignal zu empfangen. Dann schaltet der Führer auf Suchmodus und alle anderen gehen im 10-m-Abstand an ihm vorbei und testen, ob ihre Geräte „senden". Und jetzt kann es wirklich losgehen!
Skitourengehen: 8 Tipps zu Planung, Aufstieg und Abfahrt / Bild: Naturfreunde Österreich / Hermann Erber
6. VERNÜNFTIG AUFSTEIGEN ...
Die (sichere) Aufstiegsroute ist gewählt, die Gruppe in der Spur hat sich formiert – jetzt gilt es, das richtige Tempo zu gehen, das für alle passt. Was wiederum erklärt, warum eine Gruppe möglichst homogen, also mit dem in etwa gleichen Leistungsstandard augestattet sein sollte. Skitourengehen ist (außer im Wettkampf) kein Bergaufrennen – und wie in jedem Sport gilt: Wer zu früh sein „Pulver" verschießt, wird eingehen. Der Unterschied: Anders als beim Laufen oder Radfahren kann man auf der Skitour nicht einfach aufgeben und auf den gemütlichen Heimtransport umsteigen.
- Ist im Tiefschnee eine frische Spur zu ziehen, wechselt man sich an der Spitze ab. Wichtig ist auch, dass vom Führenden keine zu steile Spur angelegt wird.
- Geplante Pausen sollten schon vorher abgesprochen werden, damit der vorgegebene Zeitplan eingehalten werden kann. Stichwort Pause: Tourengehen ist anstrengend – dementsprechend muss rechtzeitig für ausreichend Flüssigkeits- und Energienachschub gesorgt werden.
Skitourengehen: 8 Tipps zu Planung, Aufstieg und Abfahrt / Bild: iStock / Dolomites-image
7. ... UND SICHER ABFAHREN
Das Sahnehäubchen jeder Skitour ist die Abfahrt. Aber auch hier gelten klare Regeln:
- Wieder hat der Erfahrenste die Führungsrolle.
- Unter 30 Grad Hangneigung kann gemeinsam, aber im Abstand von 30 m abgefahren werden.
- Auf steileren Hängen wird – auf Stockzeichen des Führers – einzeln abgefahren.
- Bei schlechter Sicht legt ein Vorausfahrender eine Spur, der die anderen folgen.
- Auch beim Abfahren werden Tempo und Pausen auf das schwächste Glied ausgerichtet – die Gruppe wartet immer bei schon vorher fixierten Sammelpunkten zusammen.
Skitourengehen: 8 Tipps zu Planung, Aufstieg und Abfahrt / Bild: iStock / rcaucino
8. IMMER WACHSAM SEIN
Wie heißt es so blumig: Die Natur schläft nie! Man könnte auch sagen: Sie gibt nie Ruhe, hat immer Überraschungen parat. Und die können auf einer Skitour von der üblen Sorte sein: aufziehende Wolken, ungewohnte Geräusche, eine Schneedecke, die sich verändert, ein Hang, der zu steil wird – es gibt viele Anzeichen auf einer Skitour, wenn Gefahr heraufzieht.
Entscheidend ist, Augen und Ohren stets offen zu halten, die Zeichen zu erkennen und rechtzeitig zu deuten. Vor allem aber gilt der wichtigste Grundsatz: Falscher Ehrgeiz hat auf einer Skitour absolut nichts verloren! Mut beweist nur der, der auf die Natur hört – und es im Zweifelsfall auch wagt, eine Tour abzubrechen!