Angenehm ist er sicher nicht, doch der gefürchtete Brand in der Radlerhose lässt sich relativ einfach verhindern – wenn das Dreigespann Sattel-Hose-Hinterteil keine Reibereien macht.
Schmerzfrei: Schau' beim Radeln auf den Hintern! / Bild: Merida
1. Der Sattel
Damit gleich klar ist: Auch der allerbeste und teuerste Sattel wird nichts nützen, wenn das Gesamtpaket Fahrrad nicht passt! Soll heißen: Grundvoraussetzung für ein schmerzfreies Sitzen ist eine ergonomisch passende Sitzposition auf dem Rad. „Und diese richtige Position“, sagt Paco Wrolich, „kann nur gegeben sein, wenn die entscheidenden Kriterien wie Sattelhöhe, Sattelstellung usw. auch wirklich optimal auf den Körper abgestimmt sind.“
Ist das Rad angepasst, kann man sich um die Wahl des richtigen Sattels kümmern – und dazu beantworten wir gleich die zwei wichtigsten Fragen:
Schmerzfrei: Schau' beim Radeln auf den Hintern! / Bild: Merida
Welche Breite soll der Sattel haben?
„Es ist ein Irrglaube, dass man auf einem breiten Sattel bequemer sitzt“, erklärt Paco und verweist auf die extrem schmalen Sättel der Profis. Entscheidend für guten Sitzkomfort ist einzig und allein, dass deine „Sitzbeinhöcker“ (die beiden Auswölbungen des Beckenknochens) exakt auf den Sattelpolstern aufliegen. Damit das individuell passt, wird idealerweise beim Kauf eines Sattels der Abstand deiner Sitzhöcker vermessen – und danach die passende Sattelbreite ausgewählt.
Hart oder weich - was ist besser?
„Ein weicher Sattel mag ja bei kurzen Stadtfahrten gemütlich sein – für lange Radtouren sind sie untauglich.“ Die logische Erklärung: Ist die Polsterung zu weich, sinken die Sitzknochen zu tief ab – und das ganze Gewicht lastet bald auf den empfindlichen Weichteilen!
Zudem sind Sättel mit dicker und breiter Polsterung häufig auch die Ursache für schmerzhafte Scheuerungen an den Oberschenkel-Innenseiten. Pacos Tipp: „Vor der Auswahl unbedingt mehrere Sattelmodelle auf längeren Fahrten ausprobieren. So findest du am sichersten das Modell, das dir passt – und bei dem du dann wahrscheinlich auch ein Radlerleben lang bleibst.
Sattelhöhe
Fakt ist: Die meisten haben ihre Sättel zu tief eingestellt, weil sie sich sicherer fühlen, wenn sie mit den Beinen leicht den Boden erreichen. Ist aber der Sattel zu niedrig, ermüden die Beine schneller – und damit drückt wiederum mehr Körpergewicht auf Sattel bzw. Gesäß.
So passt die Höhe: Setz dich in den Sattel und stell eine Kurbel ganz nach unten. Wenn du nun deine Ferse auf das Pedal stellst, sollte das Bein praktisch ganz durchgestreckt sein.
Sattelneigung
Der Sattel sollte nie nach vorn oder hinten geneigt sein, sondern genau waagrecht stehen. Prüf es einfach mit einer Wasserwaage nach.
Sitzlänge und Lenkerhöhe
Hier muss jeder seinen Kompromiss zwischen Aerodynamik und Komfort finden. Je tiefer (und damit sportlicher) dein Oberkörper nach vorgebeugt ist (hoher Sattel/tiefer Lenker), umso mehr Druck lastet auf Schultern und Armen. Andererseits drückt bei einer aufrechten (und damit gemütlicheren) Sitzposition mehr Gewicht auf den Sattel und damit auf das Gesäß.
2. Das Gesäß
Auch hier räumt Paco vorweg mit einem Märchen auf: „Auch den Profis schmerzt nach einer längernen Trainingspause der Hintern!“ Was unser Experte damit sagen will: „Unser Gesäß ist ein Muskel – und Muskeln müssen immer erst an Bewegungen gewöhnen. Deswegen tut der Hintern bei den ersten Ausfahrten auch allen weh – den Hobbyradlern genauso wie den Profis. Das ist das gleiche wie bei einem Muskelkater. Aber bereits nach drei Ausfahrten innerhalb einer Woche mit einer Länge von jeweils 60 Kilometern hat sich der Gesäßmuskel an die Belagstung gewöhnt.“ Dieser Vorbereitungstipp gilt logischerweise auch für alle Freizeitradler, bevor sie sich erstmals auf eine längere Radtour begeben.
3. Die Hose
Immer unten ohne! Das ist die erste und wichtigste Botschaft von Paco Wrolich an alle Hobbyradler und vor allem auch an das radelnde weibliche Geschlecht, wenn es um das Thema Radlerhose geht. „Immer wieder höre ich von Hobbyradlern, dass sie ,aus hygienischen Gründen‘ unter der Bikehose noch eine Unterwäsche tragen. Das aber ist völlig kontraproduktiv, weil damit alle Vorzüge einer guten Radhose verloren gehen.“
Einer der wichtigsten Pluspunkte von modernen Radhosen ist nämlich ihre „Naht- und Faltenlosigkeit“ – das heißt: Speziell ihre Sitzpolster werden so geschneidert, dass auf der Sitzfläche keine Naht und keine Falte vorkommt, die womöglich die Haut wundscheuern könnten. „Genau dieser Vorzug geht aber verloren, wenn man zwischen Hose und Haut eine herkömmliche Unterhose trägt, die wiederum Falten und Nähte hat“, sagt Paco, der auch von speziellen Radlerunterhosen nichts hält. „Wer es mit Hygiene und mit der Sauberkeit der Radhose genau nimmt, braucht keine Extra-Radunterhose. Der beste Beweis ist doch: Ihr werdet nie Profis sehen, die sowas tragen. Und die wissen genau, was das Beste für sie ist.“
Die Qualität des Sitzpolsters
... ist das entscheidende Kriterium, das auch den Unterschied zwischen einer guten und einer schlechten Radlerhose ausmacht. „Es heißt zwar im Fachjargon noch immer Innenleder“, erklärt Paco Wrolich, „ist aber schon lange kein Leder mehr, das viel zu pflegeintensiv wäre. Heute werden diese Sitzpolster aus Synthetik hergestellt, sind damit viel strapazierfähiger und pflegeleichter.“
Nicht täuschen lassen: Auch bei billigen Radlerhosen aus dem Supermarkt fühlt sich der Sitzpolster weich und komfortabel an – allerdings besteht er oft nur aus weichem Schaumgummi. Diese Polster sind schon nach kurzer Zeit flachgedrückt, verlieren – im Unterschied zu qualitativ hochwertigen Produkten – bereits nach einigen Waschgängen völlig ihre dämpfenden Eigenschaften
Pflegetipps für die Radlerhose
Erster Waschgang: Wer sich eine neue Radlerhose zulegt, sollte diese vor der ersten Ausfahrt gleich einmal in die Waschmaschine geben (Waschanweisungen auf dem Etikett beachten!). Denn damit werden etwaige Chemikalien, die Hautirritationen hervorrufen könnten, rausgewaschen. Grundsätzlich gilt: Vorsicht mit dem Waschmittel – funktionelle Sportbekleidung braucht auch spezielle Pflegemittel.
Regelmäßiger Waschgang: Der muss nach jedem Einsatz erfolgen. Soll heißen: Auch auf einer mehrtägigen Radtour wird die Bikehose nach jeder Tagesetappe kurz bei einer Handwäsche mit lauwarmem Wasser ausgespült. Denn dadurch werden Schweiß, Staub oder auch Rückstände von Cremen, die leicht Entzündungen hervorrufen oder auch das feine Material beschädigen können, entfernt.
Gut trocknen lassen: Vor dem Wiederverwenden muss vor allem das Sitzpolster vollständig ausgetrocknet sein. Denn feuchte Polster sind ein guter Nährboden für Bakterien und Pilze, die wiederum speziell bei wunder Haut zu Entzündungen führen können.
Wechselhose: Wer auf eine Mehrtagestour geht, sollte in jedem Fall eine zweite Radlerhose mithaben. Damit ist saubere Kleidung garantiert, falls es einmal doch nicht mit dem Waschen klappen sollte.
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