Unser Sportmedizin-Experte Dr. Robert Fritz und seine Ehefrau Romana Fritz-Winter haben sich als Mixed-Team den Traum, am Cape Epic in Südafrika teilzunehmen, erfüllt.
Als Tour de France des Mountainbikens gilt das Cape Epic, das stets im März in Südafrika stattfindet. Mit einem Unterschied: Dort dürfen Freizeitbiker, anders als bei der „Tour“, mit den Besten der Welt gemeinsam starten und sich mit diesen messen. Olympiasieger und Zehnfach-Weltmeister Nino Schurter beispielsweise gab mit Partner Andri Frischknecht heuer am Schlusstag den Sieg aus der Hand und an Matt Beers/Chris Blevins ab. 648 Kilometer und rund 15.500 Höhenmeter an acht Tagen sind beim Cape Epic zurückzulegen, auf Untergründen, die alles abverlangen, „wo du den Lenker keine Sekunde auslassen darfst“, wie der Wiener Sportmediziner und „SPORTaktiv-Doc“ Robert Fritz und seine Frau Romana Fritz-Winter unmittelbar nach Rennende erzählen.
Wobei Romana mit dick bandagiertem Knöchel beim Videocall saß: Am dritten Fahrtag war sie an einer harmlosen Stelle weggerutscht, hatte eine gute Stunde noch weitergekämpft, bei der nächsten Verpflegungsstelle war das Rennen für sie aber beendet. Die schwere Verletzung, die sich später als Bruch herausstellte, warf die beiden, bis dahin um den 15. Rang im Mixed klassiert, aus dem Klassement. Robert konnte weiterfahren, das Reglement des für Zweierteams ausgeschriebenen Rennens erlaubt nämlich ein sogenanntes „Individual Finish“, wenn einer von zwei Teampartnern aufgeben muss – ohne offizielle Gesamtzeit und Platzierung, aber mit Finishermedaille. Und so haben Robert und Romana, trotz ihrer schweren Verletzung begeistert von dem Erlebnis, jede Menge Eindrücke weiterzugeben ...
... über die Hauptchallenge
30, 35 Grad und die Kilometer- und Höhenmeter-Zahlen beeindrucken allein. „Aber die Hauptchallenge ist der Untergrund: Wenn es trocken ist, ist es oft sehr sandig, teilweise wie wenn du an einem Strand fährst, wo du die Hälfte der Energie in den Sand investierst und die andere in den Vortrieb, total fordernd“, so beschreibt es Robert. „Auch technisch, du kannst den Lenker kaum auslassen, musst dauernd konzentriert fahren, und das macht die Verpflegung wiederum nicht einfach.“ Noch einmal herausfordernder waren die Etappen fünf und sechs, die im Regen versanken: „Die Trails hinauf und hinunter haben sich in Flüsse verwandelt, so etwas bin ich noch nicht gefahren. Wie ein Wildbach mit wirklich viel Wasserstand.“
Romana saß da leider schon im Hotel, verfolgte das Rennen aus der Außenperspektive – mit Live-Tracking und Live-TV: „Die Profis haben gesagt: Es war bei uns schon ein Wahnsinn, aber Respekt und Hut ab vor den Amateur Riders. Es wird immer alles glatter und rutschiger, da stirbst du daheim tausend Tode beim Tracking. Ich habe Leiberl durchgeschwitzt, dass Robert gesund ins Ziel kommt.“
... über Romanas Verletzungspech
„Wir waren gut drauf, unser Ziel war es eigentlich, in der ersten Hälfte zu sein. Nach Prolog und zwei Etappen waren wir aber auf Platz 15 oder 16, also richtig gut, da hat uns ein bisschen der Ehrgeiz gepackt. Romana fährt im Trail immer vor mir. Es war eine Schotterstraße, ein ganz normaler Gravelweg, nichts Besonderes. Sie rutscht in einer Rechtskurve übers ganze Rad weg, landet am rechten Bein, dürfte wahrscheinlich im Pedal hängen geblieben sein“, so Robert.
Romana ergänzt: „Du denkst, das ist der erste Schock, das geht schon weiter. Bei der Verpflegungsstelle haben wir dann aber gesehen, dass die Verletzung schwer sein muss. Und wir haben gesagt, wenn einer wenigstens weiterfahren kann, haben wir beide etwas davon. Dort bei den Medical Tents hast du so viele nette Volunteers, die helfen dir, trösten dich, organisieren den Transport. Du brauchst dich echt um nichts zu sorgen.“
... über den Rennspirit
„Es sind 55 Nationen am Start – jeder sagt, es ist für den Mountainbikesport die Tour de France und das stimmt auch. Wir haben noch nichts besser Organisiertes erlebt als das“, erklärt Robert. „Das muss ich nach den zwei Wochen Südafrika überhaupt sagen: Wir sind so herzlich behandelt worden. Das tut dir so gut, gerade wenn es dir nicht gut geht, weil es dich gerade hingeprackt hat.“
Auch der Partnermodus („du hast wie beim Tauchen einen Buddy, der auf dich schaut“) wie auch der Zusammenhalt im Fahrerfeld haben beide begeistert: „Wie du es etwa auch in Trailläufen hast, dass die Leute nicht gegeneinander, sondern miteinander rennen. Alle sind extrem hilfsbereit“, erzählt Robert. Und das trotz strenger Karenzzeiten. Nicht zuletzt macht die Nähe zu den Besten der Welt den Spirit des Cape Epic aus, wie Romana betont – „du fährst dieselbe Strecke, dieselbe Distanz, dieselben Trails wie die Profis, das ist richtig cool.“
... über die Zielankunft
„Am letzten Tag sind es noch einmal 80 km und 2400 hm – gute Bedingungen, schönes Wetter, wunderschöne Trails und am Ende sind wir noch die Weltcupstrecke gefahren. Der Zielbereich ist eine riesige Wiesenfläche, wo du schon von der Ferne die Menschen schreien hörst, du weißt, es ist in ein paar Minuten vorbei, du hast diese acht Tage geschafft. Und du weißt nicht, ob du plärren sollst vor lauter Freude oder schreien. Die Stimmung dort – einzigartig, wirklich genial. Alle sind fertig mit den Nerven. Die Hälfte der harten Männer heult. Du gehst wie in einer Zeremonie einzeln auf die Bühne. Du genießt die Momente, die du da hast.“
„Es ist gefühlt der Olymp des Mountainbikesports, die Medaille hier umgehängt zu bekommen“, sagt Romana, „ich hab nach all dem, was in der Woche passiert ist, so was von heulen müssen, als der Robert die Medaille umgehängt bekommen hat.“
... über das Fazit des Abenteuers
„Es war das Härteste, was wir am Mountainbike je erlebt haben. Als Sportmediziner hab ich außerdem irrsinnig viel gelernt, was Ernährung betrifft, die Vorbereitung, die Regeneration, Hygiene – so wertvoll, alles das, was wir sonst an die Leser weitergeben, in dieser Form am eigenen Leib zu erfahren. Und es ist ein totales Miteinander, überhaupt kein verbissenes Konkurrenzdenken“, betont Robert. Und: „Verletzungen passieren, die sind mühsam, aber das kann beim Radfahren in die Arbeit leider auch passieren. Das Cape Epic war anstrengend, lang, ermüdend, aber im Endeffekt etwas, das du als Mountainbiker einmal machen solltest.“ Den Startplatz für 2024 haben sich beide gleich wieder gesichert: „Da werden wir es noch einmal gemeinsam versuchen.“