In den Parks sind die modernen Seiltänzer auf der Slackline schon zum vertrauten Anblick geworden. Und das machte SPORTaktiv-Redakteur Christof Domenig Lust, es auch selbst einmal zu probieren. Schön, wenn einem da mit Reinhard Kleindl einer der allerbesten Slackliner Österreichs das Handerl hält.
Von Christof Domenig
Die einzige schlechte Nachricht gleich zu Beginn: Slacklinen ist in vielen Städten Österreichs in den Parks nicht mehr erlaubt. Wenn auch nur teilweise strikt verboten. Konkret mäandert die meditativ-friedliche Sportart irgendwo zwischen still geduldet, verboten und ein paar wenigen legalen Slacklinezonen, erzählt mir Reini Kleindl, der als einer der besten Slackliner mein in der Szene bestens bekannter „Trainer“ für diesen Selbstversuch ist. In unserer beider Heimatstadt Graz schaut es zum Beispiel so aus: Im Stadtpark sind definitv keine Slackliner erwünscht, wenn man Pech hat und auf ein mieselsüchtiges Aufsichtsorgan trifft, kann man einpacken. Im Augarten- und Volksgartenpark ist die rechtliche Lage nicht ganz klar – meistens wird man wenigstens geduldet. „In anderen Städten Österreichs ist es ähnlich“, sagt Reini.
SPIELVERDERBER
Warum? „Weil angeblich zu viele Bäume in der Vergangenheit durch Slacklines beschädigt wurden. Mir bleibt da trotzdem nur Kopfschütteln über die Gesetzgeber, die den oft jugendlichen Ausübenden diesen Gute-Laune-Sport in den raren städtischen Grünzonen auch noch vermiesen bzw. die friedlichen Kids zu Outlaws machen.“ Aber gut, um kein Öl ins Feuer zu gießen, wollen wir gern Reini Kleindls Appell weitergeben, die Vorgaben der Gesetzgeber beachten. Und unbedingt einen um wenig Geld im Sporthandel erhältlichen Baumschutz (es geht auch ein Stück Rasenteppich aus dem Baumarkt) zwischen der Line und der Rinde anbringen.
Video: Absturz von der Slackline
EIN ECHTER GUTE-LAUNE-SPORT
Damit genug des Jammerns – es stimmt nämlich wirklich, dass Slacklinen die Laune enorm hebt. Sogar, wenn man sich zunächst einmal auf einen erfolglosen Aufstiegsversuch nach dem anderen beschränkt. Der erste Eindruck: „To slack“ muss wahrscheinlich „schlackern“ heißen (was natürlich nicht stimmt), so sehr wackelt das Ding hin und her, wenn man einen Fuß darauf setzt und es belastet. Mit dem Tipp vom Profi, den zweiten Fuß so dazuzustellen, dass das Bein die Line berührt, ist dagegen sofort Ruhe – gewusst wie! Ansonsten empfiehlt mir Reini, wie allen Anfängern, den Aufstiegspunkt bei ca. einem Drittel der Slackline zu wählen, leicht in die Knie zu gehen, Oberkörper aufrecht und die Arme seitlich weggestreckt zu halten – und dabei möglichst einen Punkt in Augenhöhe mit dem Blick zu fixieren. Vor allem das mit dem Blick vergesse ich immer wieder. Immer wieder erliege ich der Versuchung, die Line anzuschauen. Sobald man sich dessen bewusst ist und wieder den Profitipp befolgt, geht es auch gleich besser.
KLEINER FORTSCHRITT, GROSSE FREUDE
Was „besser“ heißt? Dass man sich zu Beginn schon freut, wenn man einmal den zweiten Fuß für einen Augenblick auf die Line dazustellen kann, ehe man wieder abspringen muss. Zugegeben hört sich das nach sehr kleinen Erfolgen an – warum sie (für mich zumindest) trotzdem ermutigend sind? Weil man einfach merkt, dass der Körper etwas dazulernt, das er bisher nicht kannte. Man entwickelt wirklich bald eine Vorstellung davon, wie es sein könnte, wenn nicht im letzten Moment doch wieder die Balance auf eine Seite kippen würde. Ein Geduldspiel, das aber Spaß macht. Nach etwa 10, 15 Minuten ist man spürbar aufgewärmt – erste Schweißtropfen fließen. Dann ist es auch einmal an der Zeit, mit Anhalten beim Profi ein paar Schritte zu versuchen – das geht recht problemlos und gibt einen Vorgeschmack darauf, wie es einmal sein wird, auf diesem schmalen Ding herumzuspazieren.
SPRINGEN WIE AUF DEM TRAMPOLIN
Dann hab ich erst einmal Pause und der Profi zaubert eine Vorführung sondergleichen auf die Slackline: Reini hüpft auf dem Ding herum wie auf einem Trampolin, setzt sich drauf oder zeigt als Highlight einen Backflip, nach dem er im Idealfall wieder auf der Slackline zu stehen kommt. Auch wenn dieses letzte Detail diesmal nicht gleich klappt: Für mich Slacklineanfänger sind all diese Dinge so weit weg wie der Mond. Was mich aber nicht abhält, um weiter geduldig meinen Aufstieg bzw. Einstieg in die Sportart zu üben. „Für mich persönlich ist Slacklinen in erster Linie eine mentale Geschichte“, erzählt Reini Kleindl – obwohl die positiven Effekte vielfältiger sind: So gibt es erwiesenermaßen keine Übung, die die tiefliegende Muskulatur im Rücken besser stärkt. Kreuzschmerzen bringt man mit der Sportart deshalb garantiert in den Griff. Von verbesserter Koordination und Balance, die man für viele Sportarten brauchen kann, muss man ja gar nicht erst reden.
Video: Slacklining extreme
FAZIT
Am Ende meiner ersten Slackline-Einheit bin ich so weit, dass ich mich ein paar Sekunden halten kann und gelegentlich zumindest einen Schritt schaffe. Gar nicht so leicht, ohne Hinschauen (man erinnert sich: Punkt in Augenhöhe fixieren!) mit dem zweiten Fuß mittig auf die Line zu steigen – aber auch das wird werden. Und wenn vorhin vom Mond die Rede war, dann sag ich’s einfach frei nach Neil Armstrong: „Mein erster Schritt war mikroskopisch klein für alle echten Slackliner – aber für mich trotzdem riesengroß!“
TIPPS FÜR DEN EINSTIEG
Setze deinen stärkeren Fuß auf die Line und stell das andere Bein auf gleicher Höhe so zur Line, dass es das Band berührt und ruhig hält. Mit ein wenig Schwung bringst du deinen Schwerpunkt über die Line und versuchst, den zweiten Fuß gleich dahinter dazuzustellen.
- Achte auf deine Körperhaltung,
- geh leicht in die Knie,
- bleib locker in der Hüfte,
- lehn dich etwas vor (Schwerpunkt auf dem Fußballen),
- Zehen nicht runterdrücken,
- Oberkörper aufrecht,
- Arme seitlich ausstrecken,
- Blick nach vorn, am besten einen,
- Punkt fixieren.
Mehr Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene findest du auf www.slackline.at.
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