Mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks spulte Christoph Strasser in den vergangenen 24 Stunden 3767 Runden mit 7534 Linkskurven im „Tissot-Velodrome Suisse“ in Grenchen (SUI) ab - und das mit nur einer dreiminütigen Pause! Der 34-jährige Steirer fegte mit 941,873 Kilometern - das entspricht der Distanz von Graz nach Rom - und einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 39,24 km/h einen neuen 24h-Fabelweltrekord aufs Parkett.
 

Während 99,99 Prozent der Menschheit ihren täglichen Schlaf genossen und viele ÖsterreicherInnen der Nationalratswahl entgegenfieberten, gab es einen, der stattdessen Runde um Runde auf der 250 Meter langen Radbahn im Schweizer Grenchen abspulte. Christoph Strasser, der vierfache Gewinner des Race Across America, startete gestern pünktlich um 13:00 Uhr sein Projekt 24h Bahn-Weltrekordversuch. Das Event fand im Rahmen der „Specialized-Days Grenchen“, wo mehr als 500 Hobbyradfahrer aus ganz Europa die neuesten Rad-Modelle testeten, statt. Kontrolliert wurde der Rekordversuch von drei Offiziellen des Ultra-Weltverbandes. Darunter waren auch der bisherige Rekordhalter Marko Baloh aus Slowenien, dessen Bestmarke bis heute bei 903,765 Kilometern lag, und die 12h Bahn-Weltrekordhalterin Anna Mei aus Italien.

MAGENPROBLEME ALS STÄNDIGER BEGLEITER
Mit dem Takt eines Schweizer Zuges absolvierte Christoph das erste Viertel der 24 Stunden. Nach vier Stunden Fahrzeit plagten ihn massive Magenprobleme. „Der Grund dafür war sicherlich die permanente Sitzposition auf dem Zeitfahrrad. Durch die Magenprobleme konnten wir auch den Nahrungsplan nicht wie geplant umsetzen“, beschreibt Teamchef Michael Kogler. Nach sechs Stunden und knappen 1.000 Runden lag sein Stundenmittel bei 41,7 km/h. „So ein Rekordversuch auf der Bahn ist das schwierigste und langweiligste, was man machen kann. Vor allem die mentale Komponente, um gegen die Eintönigkeit anzukämpfen, spielt hier eine große Rolle“, urteilte Strasser noch kurz vor dem Start. Und er sollte Recht behalten!

DIE DREI GRÖSSTEN FEINDE
Noch vor der Halbzeit des Weltrekordversuches, trotz der Motivation der Moderatoren um Race Around Austria-Organisator Michael Nussbaumer, bestätigte sich Strassers Urteil über seine größten Gegner: „Die Monotonie war mit keinem meiner bisherigen Projekte zu vergleichen, sich hier zu motivieren war echt sehr schwer. Dann war eines der größten Probleme die starre Fixposition auf dem Zeitfahrrad und die dadurch entstandenen Magenprobleme, wodurch ich in der Nacht nicht meine gewohnte Wattzahl treten konnte. Und leider habe ich von der tollen Stimmung im Stadion nichts mitbekommen, weil ich durch den eng anliegenden Zeitfahrhelm aus akustischer Sicht im Blindflug unterwegs war.“

MIT NUR EINER PAUSE INS FINISH – STRASSER JUBELT!
Geplant waren einige Pinkelpausen. Doch Christoph Strasser fuhr genau 22 Stunden, ehe er die erste und einzige Pause für die Notdurft absolvierte. „Ich hatte einfach kein Bedürfnis und schaffte dadurch einige Kilometer mehr“, sagte Christoph, der nur für drei Minuten vom Rad stieg. Um genau 12:04 Uhr war es dann so weit: Das Stadion bebte, als er 56 Minuten vor dem Ziel die bisherige Rekordmarke von 903 Kilometern einstellte! In der verbleibenden Zeit fixierte er mit insgesamt 941,873 Kilometern, einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 39,24 km/h und insgesamt 3767 Runden einen neuen Weltrekord! „Es war ein unglaubliches Rennen. Ich bin durch Kontinente gefahren, habe den 24h Weltrekord Outdoor in Berlin aufgestellt. Aber das heute ist mit fast nichts anderem vergleichbar“, jubelte Christoph im Ziel. Und ehe es zum Feiern ging, musste Christoph Strasser noch zur Dopingkontrolle, durchgeführt von der Schweizer Anti-Doping-Agentur.

AUCH MEISTERLEISTUNG DER CREW
Nicht nur für Christoph Strasser waren es anstrengende, schlaflose 24 Stunden. Auch seine fünfköpfige Betreuercrew vollbrachte eine großartige Leistung: Die Flaschenübergaben wurden im Sprint absolviert. Alle 15 bis 20 Minuten bekam der Steirer eine Flasche mit Getränken oder hochkalorischer Flüssignahrung. „Das waren jeweils 30 bis 50 Meter lange Sprints, insgesamt kamen wir auf über 2,5 Sprintkilometer“, beschrieb Teamchef Michael Kogler.