Mit Ausdauersport zu beginnen, um überschüssige Kilos loszuwerden, ist sicher eine gute Idee – und das nicht nur wegen der verbrauchten Kalorien. Wie und warum laufen wirklich schlank macht, hat uns Sportwissenschafter und Triathlet Mag. Herwig Reupichler verraten ...

Christof Domenig
Christof Domenig


Die Aussicht auf einen schlanken Körper ist in der Tat oft der Grund dafür, ins Läuferleben zu starten. Ein Hinweis unseres Experten Herwig Reupichler gleich dazu: „Abnehmen darf allerdings kein Projekt sein, also keinen Start- und keinen Endpunkt haben. Es ist dasselbe wie mit einer Diät: Die verlorenen Kilos legt der Körper wieder drauf, wenn man ins ‚alte Leben‘ zurückkehrt. Schlank zu werden und zu bleiben, funktioniert langfristig nur in Form einer ‚Lebensstil-Intervention‘ – und am besten, wenn man sowohl die Bewegung als auch die Ernährung modifiziert.“

Die gute Nachricht gleich dazu: Wer regelmäßig läuft, bekommt fast automatisch Appetit auf leichtere Kost, die einerseits auf der Laufrunde nicht so belastet und andererseits die benötigten Treibstoffe bietet. Haben sich die ersten Erfolge einmal eingestellt, sind bereits ein paar Kilos verschwunden, fällt etwa das Stiegensteigen fühlbar leichter, dann entwickelt sich in der Regel auch ein innerer Antrieb zum Laufen. Nur kommen diese Effekte eben nicht gleich nach drei Laufrunden zum Tragen – man muss sie erwarten können. Und man muss am Anfang etwas Willensstärke investieren, bevor es sprichwörtlich zu laufen beginnt.
  


Verglichen mit anderen Sportarten ist Laufen fürs Abnehmen und Schlankbleiben sehr gut geeignet. Denn auch, wenn in anderen Sportarten noch mehr Kalorien verbraucht werden oder mehr Muskelgruppen beteiligt sind, sprechen dennoch zwei Tatsachen fürs Laufen: „Erstens bilden sich beim Ausdauersport im aeroben Bereich Enzyme, die die Fettverbrennung nachhaltig aktivieren. Das gilt freilich für jeden Ausdauersport. Noch wichtiger: Der Körper passt sich der überwiegenden Belastung an und neigt dazu, sich auf ein Idealmaß zu adaptieren. Bin ich schwer, dann tu ich mir auch beim Laufen relativ schwer. Wird hauptsächlich gelaufen, macht sich der Körper folglich daran, möglichst leicht zu werden“, weiß der Sportwissenschafter, der selbst als Triathlet (u. a. mehrfacher Ironman-Hawaii-Teilnehmer) regelmäßig bemerkt, dass seine Muskulatur in lauflastigen Trainingsphasen schlanker wird, ohne an Kraft einzubüßen.

ABNEHMEN MIT LAUFEN
Auch beim Thema Laufen mit höherem Körpergewicht verweist der Sportwissenschafter auf die Faustregel: „Solange keine Schmerzen auftreten und es gelingt, das Tempo so zu wählen, dass man noch plaudern kann, dürfen auch schwerere Personen selbstverständlich ein Lauftraining betreiben. Treten allerdings Schmerzen auf, die auf Überlastungen hindeuten – etwa Knieschmerzen – dann sollte man eine sanftere Alternative suchen wie Walken oder Radfahren.“ Es gilt natürlich auch für alle abnehmwilligen Laufkandidaten die Regel: Langsam einsteigen, ab 35 oder bei großem Übergewicht vorher unbedingt sportmedizinisch checken lassen.

„Zusätzlich die Muskulatur mit einem Athletiktraining aufzubauen, ist unbedingt zu empfehlen, für Männer wie für Frauen. Und auch bei starkem Übergewicht“, erklärt Herwig Reupichler. Aversionen gegen Krafttraining, gerade des schlanken Körpers wegen, sind da völlig unbegründet. „Einerseits, weil die Muskeln die Gelenke und die Wirbelsäule schützen. Und andererseits, weil die trainierte Muskulatur den Grundumsatz erhöht.“ Dass Muskeln etwas mehr wiegen, stellt da absolut kein Manko dar, und „Muskelberge“ bauen vor allem Frauen (aber auch laufende Männer) nicht auf. Ein Tipp noch: „Der Hosenbund ist der viel bessere Indikator als die Waage ...“
  


Wer ein Leben lang läuft und immer gleich isst, kann also gar nicht dick werden? Stimmt fast, aber leider nicht zu 100 Prozent. „Weil der Grundumsatz mit fortgeschrittenem Alter abnimmt. Das ist zwar nur schleichend zu bemerken, in 10-Jahres-Schritten aber doch signifikant feststellbar. Da muss man also die Ernährungssituation von Zeit zu Zeit anpassen.“ Andererseits haben ältere Läufer genau aus diesem Grund auch Vorteile: Auf längeren Laufdistanzen funktioniert die Energiebereitstellung ökonomischer, was zum Beispiel beim Marathonlauf spürbare Vorteile bringt