Fast jeder Laufevent hat Kinderläufe im Programm. Worauf Eltern achten sollten, damit die Teilnahme für den Nachwuchs zum positiven Erlebnis wird ...


Vom Stadtmarathon bis zum Dorflauf haben heute praktisch alle auch diverse Nachwuchsdistanzen am Programmzettel. Für Eltern, die ihren Kindern die Reize des Laufsports näherbringen wollen, ist das sicher eine tolle Sache. Andererseits tun sich dabei für Läufer mit Anhang schon ein paar Fragen auf: Woher weiß ich, welcher Lauf nicht nur den Erwachsenen, sondern wirklich auch den Kindern taugt? Was motiviert den Nachwuchs – und was schreckt eher ab? Und wie soll ich mich selbst verhalten, wenn mein Kind an einem solchen Lauf teilnimmt? Wir haben dazu einen gefragt, der sich mit der Materie bestens auskennt: den Sportwissenschafter und Lehrer Mag. Wolfgang Eckel, der seit Jahren die erfolgreichen „Nestlé Austria Schulläufe“ organisiert.

ERST AB DEM VOLKSSCHULALTER
Beim „Fleiß“ stellt Wolfgang Eckel den heimischen Laufveranstaltern gleich ein gutes Zeugnis aus: „Die Veranstalter geben sich durch die Bank Mühe und investieren auch in die Kinderläufe, damit diese zum Erlebnis werden und nicht bloß der Vollständigkeit halber in der Ausschreibung stehen.“ Bei der konkreten Umsetzung sieht er aber doch Mängel. „Zum Beispiel sollte man sich Bewerbe für die ganz Kleinen, die manchmal angeboten werden, sparen. Denn der früheste sinnvolle Zeitpunkt für die Teilnahme an einem Laufevent ist erst ab dem Volksschulalter!“

DER RICHTIGE EVENT
Es muss auch nicht immer der Riesen-Laufevent sein, der Kindern am meisten Spaß macht, meint Eckel. Umso jünger die Kinder sind, desto mehr Einfühlungsvermögen ist von Elternseite gefragt: „Manche Kids sind ja eher schüchtern, die fühlen sich in einer familiäreren Umgebung viel wohler als in einer riesigen Menge. Ein Dorflauf mit 100 Teilnehmern kann da genau das richtige Erlebnis sein.“ Andererseits motiviert es natürlich auch viele, wenn der Lauf möglichst alle Zutaten eines großen Events bietet – wie etwa T-Shirts und Medaillen, lustiges Rahmenprogramm ...
Ein wichtiges Entscheidungskriterium, ob ein Lauf auch wirklich für die jüngsten Starter passt, ist die Übersichtlichkeit der Strecke: „Gerade in einem Wettkampf haben Kinder oft keinerlei Orientierung. Hier sind auch Veranstalter gefragt, genügend helfendes Personal bereitzustellen. Ein Kinderlauf sollte möglichst auf einem Rundkurs stattfinden, wo ein Verlaufen unmöglich ist, und wo das Kind auch wieder im Startbereich ankommt.“

DIE MOTIVATION
Im Idealfall kommt der Wunsch, an einem Laufbewerb teilzunehmen, vom Kind selbst – „wobei ein kleiner Anstoß von außen auch nicht schadet“, meint Wolfgang Eckel. Nur: Wenn ein Kind nicht will, dann ist das zu akzeptieren. Das gilt selbstverständlich auch, wenn die ganze Familie bereits zum Bewerb angereist ist, womöglich sogar schon das Startgeld bezahlt ist – und sich das Kind dann doch noch anders entscheidet.

DIE VORBEREITUNG
Was im Vorfeld mit einem Kind/Jugendlichen trainiert werden kann, haben wir auf den Seiten vorher abgehandelt. Geübt aber werden sollte in jedem Fall, wie Kinder sich ihre Kraft über eine längere Strecke einteilen können. Wolfgang Eckel nennt eine Faustregel: „Jüngere Kinder sollten ihr Alter in Jahren durchlaufen können. Also: acht Jahre = acht Minuten Laufzeit. Dabei müssen sie unbedingt ihre eigenen Erfahrungen mit dem Tempo machen, ein erwachsener Tempomacher nützt weder noch motiviert er. Also im Vorfeld das Kind beim Laufen begleiten, aber nicht ständig regelnd eingreifen oder Vorschriften machen.“

DER LAUFBEWERB
Der goße Tag ist da! Wolfgang Eckel empfiehlt, lieber etwas früher anzureisen, damit keine Hektik aufkommt. Zum Warmmachen nicht die Erfahrungen der Erwachsenen als Maßstab nehmen: „Kinder brauchen nur ein kurzes, nicht zu intensives Aufwärmen, sie kommen sehr schnell auf Betriebstempertur.“ Gerade kleinere Kinder sollten buchstäblich bis zum Startschuss ihre Eltern zur Seite haben können – wenn sie es wollen.

Fast alle Kinder lassen sich (wie es auch den Erwachsenen passiert) bei den ersten Versuchen von der Masse ziehen, also zu einem zu schnellen Anfangstempo hinreißen. Das wird nicht zu verhindern sein – wichtig ist aber, den Kindern vorher klarzumachen, dass sie zwischendurch ruhig gehen können und dass auch das Aussteigen aus dem Lauf überhaupt kein Problem ist. „Und bitte nicht am Streckenrand vom ersten bis zum letzten Meter mitlaufen! Das ist weder fürs Kind sinnvoll, noch der Sinn von Nachwuchs-Laufbewerben“, appelliert Wolfgang Eckel. Eltern sollten ihre Kinder stattdessen im Ziel in Empfang nehmen und unabhängig von Zeit und Ausgang positive Stimmung verbreiten. Im Nachhinein sollte man auch besprechen, ob der „Wettkampf“, der ganze Event dem Kind wirklich gefallen hat. Wenn ja: Unbedingt wiederholen – es gibt ja ständig genügend schöne Familienläufe im Land ...
 

Sportwissenschafter Mag. Wolfgang EckelDER EXPERTE
MAG. WOLFGANG ECKEL ist Sportwissenschafter, Lehrer an der Handelsschule Wien-Friesgasse, Projektleiter der Nestlé Austria Schullauf-Serie.