Piloxing – das klingt fast wie eine neue Designerdroge. Ist es irgendwie auch! Aber nicht eine von der Art, die dem Körper Schaden zufügt, sondern – ganz im Gegenteil – die den ganzen Body strafft und Muskeln aufbaut. Und Suchtgefahr besteht bei der Pilates-Box-Kombi auch – findet zumindest unsere ­Redakteurin Claudia Riedl, die das trendige Fitnesstraining ausprobiert hat.

Von Claudia Riedl


Zugegeben, ganz so neu ist der „neue" Fitnesstrend aus den USA gar nicht. Denn Piloxing, eine Kombination aus Pilates, Boxen und (manchmal auch) Tanzen, hat schon vor einiger Zeit Einzug in die europäischen Fitnessstudios gehalten. Seitdem hält sich diese „Fitness-Hybride" aber nachhaltig.

Aber nicht nur, weil diese Trainingsform absolut Spaß verspricht, wollten wir ihr eine große Geschichte in dieser Ausgabe widmen. Sondern auch, weil sie den körperlichen und mentalen Besonderheiten einer sportelnden Frau genau in die Hände spielt. Frauen gehen schließlich mit anderen körperlichen Voraussetzungen, aber zum Teil auch mit anderen Zielen und Motivations­strategien an den Sport heran, als Männer es tun. Diese Story soll deshalb auch den Start unserer „Frauensport"-Serie einläuten, die das Bewusstsein für den sportlichen Geschlechter­unterschied schärfen soll. Und von Piloxing – so zeigt es die Praxis in den Studios – fühlen sich eben überwiegend Frauen angesprochen.

DER „KLEINE UNTERSCHIED"
Der viel zitierte „kleine Unterschied" zwischen Mann und Frau wird vor allem beim Vergleich von Körperbau und Muskulatur einerseits sowie Koordination und Beweglichkeit andererseits sichtbar. Während die Herren der Schöpfung mit einer Extraportion Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit ausgestattet worden sind, hat Mutter Natur die Frauen mit einem Plus in Sachen Beweglichkeit, anmutiger Motorik, Verletzungsanfälligkeit und Teamfähigkeit bedacht.

Die höhere Kraftleistung rührt beim Mann übrigens von dem höheren Anteil an Muskelmasse und an dem Powerhormon Testosteron her. Das deutlich dehnbarere Bindegewebe bei den Damen hingegen verschafft diesen einen Vorteil bei der Ausführung feiner Bewegungen und beugt Verletzungen vor. Dank besser vernetzter Gehirnzellen ist „frau" außerdem bei koordinativen Sportarten wie Tanzen mehr auf Zack. Perfekte Voraussetzungen also für den Fitnesssport Piloxing.

MIX AUS PILATES UND BOXEN
Was kann man sich unter Piloxing nun vorstellen? Es ist ein Intervalltraining, das schnelle und kraftvolle Boxbewegungen mit feinen und ruhigeren Elementen von Pilates vereint. Zusätzlich können auch Tanzschritte in das Workout eingebaut werden, um Beweglichkeit und Koordination noch weiter zu fördern. Das Ziel des ganzheitlichen Trainings ist es, den Körper zu formen und zu straffen, Fett zu verbrennen und Muskeln aufzubauen. Die ausgebildete Piloxingtrainerin und Geschäftsführerin von „Dance Arts Austria", Barbara Hammer-Akgün, erklärt den Sinn, der hinter der Verschmelzung des ungleichen Fitness-Paars steckt: „Durch die Boxelemente werden Schnelligkeit, Ausdauer, Kraft und Flexibilität gefördert. Die Übungen aus dem Pilates-Segment sprechen die Tiefenmuskulatur an. Nicht nur die Körpermitte wird gekräftigt, sondern auch die Körperhaltung im Gesamten verbessert sich."

Die Box- und Pilates-Einheiten wechseln sich ab, vermischen sich hin und wieder und werden so zu einem schweißtreibenden Workout. Pluspunkt bei diesem Sport: Da das kämpfende Gegenüber fehlt, kann man sich auch kein blaues Auge holen. Piloxing, das übrigens von der schwedischen Profi-Tänzerin, Personal-Trainerin und Amateur-Boxerin Viveca Jensen erfunden wurde, wird barfuß oder mit rutschfesten Socken trainiert. Auch Gewichtshandschuhe können genutzt werden, die den Muskelaufbau in den Armen verstärken. Wer regelmäßig „piloxt", der trainiert von Bauch über Rücken und Po bis hin zu Armen und Beinen also alles.

Das durfte auch ich hautnah erleben – ich war nämlich für SPORTaktiv bei einem Piloxing-Kurs dabei und möchte im Folgenden meine (subjektiven) Eindrücke schildern ...

DIE IMAGINÄRE EISTÜTE
Ohne Piloxing-Vorkenntnisse, dafür aber mit einer Extraportion Motivation im Gepäck bin ich zum „Basislager" der Dance-Arts-Mädls in der Grazer Puchstraße aufgebrochen. Was mich positiv überrascht hat: Schon beim Ankommen in den hell eingerichteten Räumlichkeiten schwappt dir eine Welle von sportlicher Energie und Team-Spirit entgegen. In der Umkleide fällt mir auf, dass meine Workout-Kolleginnen wirklich allesamt weiblich sind. Auch Barbara Hammer-Akgün bestätigt mir: „Es haben zwar vereinzelt auch schon Männer beim Piloxing mitgemacht, trotzdem ist die männliche Beteiligung vergleichsweise gering." Spätestens nach Ende meines Kurses frage ich mich, warum – denn so viel sei bereits verraten: Die Pilates-Box-Kombi ist sicher für beide Geschlechter herausfordernd und hat für Männer nicht weniger Muskelkater-Potenzial als für Frauen.

Zu Beginn der Einheit hat mich Trainerin Sofie Wolf noch mit Gewichtshandschuhen und rutschfesten Socken ausgestattet und mir die richtige „Schlagtechnik" für die Boxbewegungen erklärt: „Man boxt, als ob man eine Eis­tüte in der Hand halten würde." Soll heißen: Die Hand ist zur Faust geschlossen und der Handrücken zeigt nach außen. Der Sinn dahinter ist, dass man die Hand beim Zuschlagen nicht verdreht. Nach einem kurzen „Warm-up" ging's auch schon los mit dem Piloxing. Der einstündige Kurs war in Phasen aufgebaut – man beginnt mit dem Boxen, nach einiger Zeit wechselt man zum Pilates, dann wieder zum Boxen, und teilweise wird auch beides gemixt.

Ich selbst hatte im Workout das Gefühl, dass vor allem Oberschenkel und Oberarme beansprucht werden. (Eine These, die mein darauffolgender Muskelkater in diesen Bereichen unterstrichen hat.) Nach dem schweißtreibenden Training, bei dem der Körper ständig mit Hüpf-, Schlag- und Beinbeugebewegungen auf Trab gehalten wird, war es Zeit für ein „Cool-down", bestehend aus Bodenübungen für Bauch und Po.

EIN RICHTIGES POWER-WORKOUT
Mein Fazit? Trotz mangelnder Vorkenntnisse hatte ich kein Problem damit, bei den Übungen Schritt zu halten. Das macht Lust auf mehr! Und es war ohne Frage ein anspruchsvolles Workout. Ich hatte am Ende das Gefühl, mich richtig ausgepowert zu haben – und das ist mir persönlich beim Sporteln immer wichtig. Piloxing kann ich daher gerne empfehlen. Und zwar nicht nur Frauen, sondern auch den Männern. Manchmal ist es schließlich ganz gut, sich aus der eigenen „Komfortzone" herauszuwagen und in (vermeintlich) andersgeschlechtliche Disziplinen ­hineinzuschnuppern ...

Barbara Hammer-Akgün (re.), Isabella Schmon-Ruhri (li.) und Sofie Wolf (Mi.) von „Dance Arts Austria" / Bild: Thomas Polzer

Die Fitness-Profis
BARBARA HAMMER-AKGÜN (re.) und ISABELLA SCHMON-RUHRI (li.) sind die Geschäftsführerinnen von „Dance Arts Austria" sowie Fitness- und Tanztrainerinnen.
Motivierte Teammitglieder wie Sofie Wolf (Mi.) spornen ihre „Schützlinge" in den Kursen ebenfalls zu Höchstleistungen an.

MEHR INFO: www.dancearts-austria.at



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