Prinzipiell zählt es nicht zwingend zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, an einem Wochenende um 6 Uhr morgens aufzustehen. Für einen Triathlon-Wettkampf geht es aber für gewöhnlich dann doch immer irgendwie. Was aber, wenn es sich um ein Rennen handelt, mit dem man nur Fürchterliches verbindet?

Von Nicole Weiss / unicorn-racing.com


Die olympische Triathlon-Distanz am schönen Faaker See ist so ein Rennen. In meiner allerersten Saison hätte dieser Bewerb mein Highlight sein sollen, aber ich musste wegen einer Sommergrippe passen. Ich war am Boden zerstört – in meiner Naivität als Triathlon-Rookie brach für mich eine Welt zusammen: ich konnte an einem jährlich stattfindenden Rennen, für das ich zweifellos noch nicht gut genug war, nicht teilnehmen. Auf die Idee „Ja mei, dann eben nächstes Jahr" kommt man ja in diesem Moment nicht. Jetzt, vier Jahre später, denke ich mir: na Gott sei Dank war ich nicht dabei, wahrscheinlich hätte ich vollkommen frustriert das Chipband an den Nagel gehängt.

Im Nachhinein ist man aber immer klüger. Oder auch nicht, denn das, was ich ein Jahr später, also 2013, praktiziert hatte, fällt definitiv unter die Kategorie „dumm ist, wer Dummes tut". So stand ich im strömenden Regen am Faaker See an der Startlinie, mit einer zerstörten Bandscheibe von meinem Unfall, den ich knappe zwei Wochen davor hatte. Aber irgendwer wollte ich das Rennen unbedingt finishen (ich distanziere mich an dieser Stelle von meiner damaligen Blondheit).

Mit dem Startschuss begann das ultimative Fail-Rennen. Das Schwimmen war für mich fürchterlich anstrengend und ich krebste irgendwo unter den letzten zehn Damen aus dem Wasser. Für die 300 Meter bis zur Wechselzone wünschte ich mir bereits eine Trage oder wenigstens einen Rollator. Auf dem regennassen Asphalt wäre ich dann mit den Radschuhen auch noch beinahe mitsamt Rad gestürzt und hatte schon keinen Bock mehr.


Während des schier unendlichen Radelns stellte ich mir mehr als einmal die Frage „Wer bin ich und was mache ich eigentlich hier?
Wie wäre es mit Yoga als Sport?" und fürchtete mich in den Kurven wegen der Straßennässe zu Tode. Angesichts meiner damaligen Radbeherrschung war es aber wahrscheinlich sogar eine berechtigte Angst – so ganz ohne Stützräder.

Richtig lustig wurde es aber erst mit dem zweiten Wechsel: zunächst stand das Wasser zwei Zentimeter hoch in meinen Laufschuhen (das unerfahrene Blondie dachte ja nicht daran, die Schuhe abzudecken) und als ich sie anzog, riss das Gummiband meiner Schnellschnürung. Nach rund 30 verzweifelten Versuchen dieses zu knoten (alles nass, die Finger von der Kälte am Rad fast taub – es war ein Spaß!) und einer Tourette Syndrom-ähnlichen Verbalisierung des Geschehens lief ich los.

Da die notdürftige "Reparatur" natürlich nicht reichte, so dass nur ein Schuh wirklich richtig saß, meldete sich mit jedem Schritt auch die Bandscheibe immer stärker. Ab Kilometer zwei lief ich nur noch mit Tränen in den Augen und ich weiß bis heute nicht, wie ich es weiterhin schaffte, das rechte Bein entsprechend zu bewegen. Der Schmerz schoss dauerhaft bis in die Zehen. Zum Drüberstreuen wurde auch der Regen immer stärker und auf der zweiten Laufrunde hatten sich auf den Waldwegen nicht nur Pfützen, sondern ganze Moorlandschaften gebildet.

Nun folgte die kleine Kirsche auf dem Sahnehäubchen dieser Hass-Rennen-Torte: In einer dieser morastigen Stellen verlor ich beim Durchlaufen meinen Schuh. Er blieb einfach stecken, der provisorische Knoten hatte wohl nicht gehalten. True Story. Ich bin mir sicher, dass das Bild der im Dreck nach einem Schuh wühlenden Triathletin mehr als sensationell war. Irgendwie fand ich die Situation aber schon wieder so absurd und grotesk, dass ich nur noch lachte - weinen musste ich ja wegen der Schmerzen schon genug. Was aber viel wichtiger war: ich fand meinen Schuh wieder und schaffte es ins Ziel, getreu dem Motto „dreckig -aber gefinished"!

Am nächsten Tag hatte ich dann übrigens meinen MRT-Termin.

Nach meiner Bandscheiben-Operation und den diversen Rehas konnte ich mir von meinen behandelnden Ärzten etwas anhören. Meine unfassbar kluge Eingabe, dieses Rennen unbedingt machen zu müssen, hatte die Rückensituation logischerweise nicht besser gemacht, aber zum Glück auch nicht viel schlechter. Ich empfehle es aber dennoch nicht weiter – der Fun-Faktor ist einfach zu gering.

Inzwischen bin ich tatsächlich etwas klüger und sage: diesen Blödsinn mache ich nie wieder. Daher stand ich letzte Woche wirklich fit am Start des Faaker See Triathlons und vor allem auch sehr gelassen. Was sollte denn auch noch passieren? Die bisherigen Erlebnisse in diesem Rennen könnte nur noch ein Tretboot, das mich beim Schwimmen überfährt, toppen.

Faakersee Triathlon 2016 - diesmal ohne Schuhverlust / Bild: unicorn-racing.comDiese Gelassenheit half mir offensichtlich. Ich war super entspannt, hatte keine Erwartungen und auch keine bösen Flashbacks. Und so kam es, dass ich ein Fail-freies Rennen hinlegen konnte. Neue persönliche Bestzeiten in allen drei Disziplinen - ganz ohne Schuhverlust! Diese Performance reichte dann sogar zur Silbermedaille bei den Kärntner Meisterschaften in meiner Age Group.

Also wieder was gelernt: Ruhe und Gelassenheit scheinen wirklich wichtige Erfolgsfaktoren zu sein ... ebesnso wie gut sitzendes Schuhwerk natürlich.

Hobbytriathletin und Bloggerin Nicole Weiss / Bild: unicorn-racing

Die Bloggerin

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