Klettern erfreut sich stetig wachsender Beliebtheit. ­Wer sich allerdings das erste Mal in die Hallenwand oder den Fels wagt, muss ein paar Grundtechniken beherrschen, um sicher nach oben zu kommen. Redakteurin Claudia Riedl wollte den ersten Einstieg in die Felswand einmal versuchen – und hat sich zu einem Kletterkurs in die Bergsportregion Steinberge aufgemacht.

Von Claudia Riedl


Das Klettern – sowohl indoor als auch an der Felswand – boomt. Dementsprechend groß ist die Nachfrage nach Kletterkursen, die dem Neuling das nötige „Rüstzeug" fürs Hochsteigen einer Wand mitgeben.

Auch SPORTaktiv hat sich vom Hype um diese Sportart anstecken lassen und Kletternovizin Claudia Riedl in die Leoganger und Loferer Steinberge geschickt, um dort an einem Einsteiger-Kletterkurs teilzunehmen. Der perfekte Ort für diese Ersterfahrung – denn die Salzburger Region Saalfelden Leogang bietet mit dem Salzburger Saalachtal und der benachbarten Region Tiroler PillerseeTal – Kitzbüheler Alpen gemeinsam eine quasi unerschöpfliche Bandbreite an Kletter­mög­lichkeiten. Wie weit (und hoch) Claudia bei ihrer ersten Klettererfahrung kam, beschreibt sie hier ...

DIE ERSTEN TRITTE
Es gibt für alles ein erstes Mal. Das gilt fürs Autofahren, fürs Marathonlaufen – für mich war's das Klettern. Zwei Tage lang durfte ich mit vier weiteren Kletternovizen die Steinberge unsicher machen. Das Kurs­programm war klar definiert: zuerst Hallenklettern, um sich mit der Materie vertraut zu machen, und dann Sportklettern am Fels.

Am Tag 1 geht es für unsere fünfköpfige Anfängergruppe also von unserem „Basislager", dem Salzburger Hof, ins Überdachte – genauer zur Kletterhalle „felsenfest" in Saalfelden mit insgesamt 1.700 m2 Kletterfläche. Mein erster Eindruck: sehr viele bunte Griffe!

In der Halle nimmt uns Kletterlehrer Georg Kysela gleich unter seine Fittiche und stattet uns mit Klettergurt und -schuhen aus. Bevor wir aber Hand an der buntbesteinten Wand anlegen dürfen, schärft uns Georg noch die drei Kletter-Grundregeln ein, die da lauten:

  1. Nicht die Armkraft ist entscheidend – im Idealfall drückt man sich aus den Beinen hoch.
  2. Die Hüfte nah an die Wand, um die Belastung auf die Beine zu bekommen.
  3. Immer am langen, gestreckten Arm klettern.

Mit diesen Anweisungen im Hinterkopf geht es dann erst mal ab zum Bouldern – sozusagen zum „Warmwerden". Nachdem sich alle mit Griff und Tritt vertraut gemacht haben, nimmt uns Georg auch schon mit zur „hohen Wand" – jetzt wird Toprope geklettert. „Für Einsteiger ist das Top­rope-Klettern, bei dem beide Seilenden bis zum Boden reichen und zwei Personen eine Seilschaft bilden, eine risikoarme Möglichkeit, das Klettern und Sichern zu erlernen. Der Sichernde reicht laufend Seil nach, während sein Partner klettert", erklärt uns der Profi und zeigt uns anschließend den korrekten Umgang mit dem Sicherungsgerät und das Einbinden in den Gurt mit einem Achterknoten.

Fertig „vertaut", wage ich mich also an die Wand. Arme ausstrecken, wegsteigen und den nächsthöheren Griff schnappen – mit diesem Mantra klettere ich immer höher die Wand hinauf, wobei ich zwischendurch automatisch dazu neige, zu viel mit den Armen zu ziehen und die Griffe zu „quetschen", statt mit den Beinen wegzusteigen. Ein klassischer Anfängerfehler, wie ich mir später sagen lasse. Ganz oben angekommen geht mir langsam die Kraft aus. Ich drehe meinen Kopf, um meinem Sicherungspartner zu sagen, dass ich wieder nach unten möchte. Ganz schön hoch oben, nebenbei bemerkt.

Aber kein Grund zur Sorge. Ein Vorteil beim Toprope-Klettern besteht darin, dass sich der Kletterer jederzeit in das Seil hängen und von seinem Partner auf den Boden abgelassen werden kann. Also kippe ich beruhigt nach hinten und lasse mich nach unten befördern, wobei ich mich in James-Bond-Manier immer wieder mit den Füßen von der Wand abstoße.

Wir wiederholen die Kletterei so lange, bis jeder Teilnehmer mit Klettern und Sichern an der Reihe war. Fürs Protokoll: Vom Sichern wurde ich aus gewichtstechnischen Gründen (zu leicht für alle anwesenden Kletterpartner) „freigestellt". Das schreit also förmlich nach einer Extraportion Spinatknödel am Abend!

NATURWAND STATT HALLE
Nachdem wir uns indoor die ersten Sporen verdient haben, steigt bei uns am zweiten Kurstag die Lust auf einen „Griffwechsel" – sprich: Ran an den echten Fels! Also machen wir uns auf den Weg zur Steinplatte, einem gut 1.800 Meter hohen Bergmassiv im Tiroler Pillerseetal. Zum Klettern verschlägt es uns auf die Südseite, wo der Berg in markante Felswände abbricht. Dort angekommen, fallen uns sofort die markanten Unterschiede zwischen Halle und Fels auf. Im Freien herrschen – naturgemäß – keine standardisierten Bedingungen wie normierte Hakenabstände vor. Es gibt keine fix installierten Sicherungsseile, sondern nur Sicherungshaken. Alles naturbelassen also.

„Beim Felsklettern ist viel mehr Eigenverantwortung als in der Halle gefragt. Hier kann es auch mal vorkommen, dass sich ein Haken über den Winter etwas lockert", betont auch Ski- und Bergführer Reinhold Percht, der uns heute ins Felsklettern einführt. Skeptisch beäuge ich die Felswand – wo soll man hier hinsteigen und sich festhalten? Ich schiebe meine Bedenken aber beiseite und beobachte, wie Reini die Routen für uns vorbereitet.

Wichtiges Ausrüstungsbestandteil ist das Seil, das mindestens doppelt so lang wie die Route sein muss, um wie in der Halle toprope sichern zu können", erklärt er uns. Eine Einführung in Sachen Knotenkunde, Sicherungstechniken, Klettern im Vor- und Nachstieg sowie im Abseilen gibt's vom Experten nochmal obendrauf. Und dann geht's los.

Verwöhnt von der Halle, ist es anfangs gar nicht so einfach, Griffe und Tritte im Fels überhaupt zu erkennen. Je weiter ich mich nach oben „hangele", desto glatter werden die Felsen und desto schwieriger wird es, Halt in der Wand zu finden. In puncto Kraft fällt mir das Klettern im Freien zwar leichter, da die „Naturwand" weniger steil ist. Trotzdem klopft das Herz nach ein paar Minuten am Fels heftig. Bei einigen Passagen hänge ich nur sehr instabil in der Wand und muss mich mit den Fingern festklammern, um nicht abzurutschen.

Trotz allem schaffe ich es bis ganz nach oben – ein tolles Gefühl, und auch mein Puls normalisiert sich wieder. Zurück am Boden brennt mir dann noch eine Frage auf der Zunge: Wie kann ich an Ängsten beim Klettern arbeiten? Profi Reini hat einen Tipp: „Man sollte immer nur so weit an der Wand hochsteigen, wie man sich wohlfühlt. Es bringt nichts, weiterzuklettern, wenn bereits die Beine zittern. Zuerst kleinere Ziele setzen, dann kommt die Höhe von alleine."

KLETTERKURS - EIN MUSS!
Mit dem guten Gefühl, einiges in der Wand erreicht zu haben, trete ich nach zwei intensiven Kurstagen schließlich die Heimreise an. Wer wie ich den Trendsport das erste Mal ausprobieren möchte, dem sei ein Einsteiger-Kletterkurs wärmstens empfohlen. Denn sowohl Indoor als auch am Fels ist neben Erfahrung vor allem Know-how nötig, um sicher nach oben zu kommen. Etwas sportliche Grundkondition und ein bisschen Mut sollte man auch mitbringen – so wird Klettern für jeden zur schaffbaren Herausforderung. Na dann: Ran an die Wand!


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